Mia und die Frühjahrsmüdigkeit
„Tschüss Mama, ich gehe dann jetzt“, ruft Mia und zieht die Haustür hinter sich zu. Mia ist auf dem Weg zu Frau Hartmann, ihrer Nachbarin. Frau Hartmann ist eine nette ältere Dame und Mia besucht sie oft. Da sie direkt im Haus gegenüber wohnt darf Mia auch schon ganz alleine dort hingehen. Wie immer bleibt sie am Gartentor stehen und winkt Mama noch kurz zu. Dann überquert sie vorsichtig die Straße und klingelt bei ihrer Nachbarin.
Mia hofft, dass Frau Hartmann Zeit und Lust hat mit ihr etwas zu backen, zu spielen oder ihr etwas vorzulesen. Es dauert eine Weile bis ihre Nachbarin die Tür öffnet. „Oh, hallo Mia, schön dass du mich besuchst“, sagt Frau Hartmann mit leiser Stimme und bittet Mia ins Wohnzimmer. Irgendwie sieht die alte Dame heute seltsam aus, findet Mia: Ihre Haare sind nicht so ordentlich frisiert wie sonst und sie sieht ziemlich blass und müde aus. Offensichtlich hatte Frau Hartmann auf dem Sofa gelegen denn die Decke, die sonst immer zusammengefaltet über der Lehne hängt, ist ganz zerknüllt. „Bist du krank?“ fragt Mia erschrocken während sich Frau Hartmann wieder unter die Wolldecke kuschelt. „Nein, nein Mia. Ich bin nur etwas schlapp und müde. Kein Grund zur Sorge. Das ist sicher nur wieder die Frühjahrsmüdigkeit, die hat mir in den letzten Jahren schon oft zu schaffen gemacht. Das geht bald vorüber, “ erklärt Frau Hartmann und lächelt schon wieder ein bisschen. „Frühjahrsmüdigkeit?“ fragt Mia erstaunt, „ Das kenne ich nicht!“ „Da hast du Glück, “ lächelt Frau Hartmann, „ich bin ja auch etwas älter als du und ich muss mich erst wieder an den Frühling gewöhnen.“ Das findet Mia komisch, denn der Frühling ist ja eigentlich etwas Schönes… Frau Hartmann ist wirklich sehr müde. Sie muss ständig gähnen und möchte sich lieber noch weiter ausruhen. Das versteht Mia und macht sich schon nach kurzer Zeit auf den Weg nach Hause.
„Nanu, da bist du ja schon wieder“ begrüßt Mama sie erstaunt, „hatte Frau Hartmann keine Zeit für dich?“ „Doch, aber sie möchte heute lieber auf dem Sofa liegen. Sie ist irgendwie Frühlingmüde oder sowas ähnliches, “ antwortet Mia. Mama überlegt kurz: „Frühlingsmüde? Oder hat Frau Hartmann vielleicht die Frühjahrsmüdigkeit?“ Jetzt fällt es Mia wieder ein: „Ja genau, das hat sie. Ist das was Schlimmes, Mama?“ fragt Mia ängstlich denn sie hat Frau Hartmann wirklich gern. Mama erklärt ihr, dass wenn der Winter zu Ende geht und der Frühling kommt, sich vieles verändert: Weil es später dunkel wird, sind die Tage wieder länger. Draußen ist es auch nicht mehr so kalt, weil die Sonne mehr Kraft hat und es immer wärmer wird. „Daran“, sagt Mama, „muss sich unser Körper erst wieder gewöhnen. Einigen Menschen gelingt das ganz leicht. Andere brauchen dazu etwas länger und sind dann tagsüber oft müde und fühlen sich kraftlos.“ Mia erinnert sich das Frau Hartmann oft gegähnt und gesagt hat das sie sich schlapp fühlt. „Bestimmt geht es Frau Hartmann bald wieder besser. Wir werden uns ein bisschen um sie kümmern, zum Beispiel für sie einkaufen gehen oder ihr im Haushalt etwas helfen, “ schlägt Mama vor. Mia ist einverstanden. Zusammen mit Mama schaut sie in den nächsten Tagen oft bei ihrer Nachbarin vorbei und hilft ihr wo sie kann. Tatsächlich geht es Frau Hartmann jeden Tag etwas besser.
Als Mia an einem besonders schönen Frühlingstag aus dem Fenster blickt winkt ihr Frau Hartmann von draußen zu. Schnell zieht sie sich die Jacke an und läuft hinaus um ihre Nachbarin zu begrüßen. „Hallo Mia“, ruft Frau Hartmann ihr zu, „mir geht es wieder richtig gut. Wollen wir zusammen den Frühling entdecken?“ Ja, dazu hat Mia große Lust und die beiden machen sich auf die Suche nach den ersten Frühlingsboten. Sie bewundern die schönen Schneeglöckchen, finden die ersten grünen Blätter an den Zweigen und beobachten einen Marienkäfer. Mia freut sich das es Frau Hartmann wieder so gut geht und die beiden verbringen den ganzen Nachmittag draußen. Von der vielen frischen Luft ist Mia so müde geworden das ihr schon nach dem Abendessen fast die Augen zufallen. Aber zum Schlafen gehen hat Mia noch gar keine Lust. „Oh Manno. Es ist fast noch hell draußen!“ meckert sie noch als sie ins Bett krabbelt und Mama sie zudeckt. „Du bist so müde das du schon seit einer halben Stunde gähnst. Schlaf gut Mia, “ sagt Mama und gibt ihr einen Kuss. „Das sieht nur so aus. Ich bin nur etwas frühlingsmüde, wie Frau Hartmann…“ murmelt Mia. Dann fallen ihr die Augen zu und sie träumt von Frau Hartmann, dem Frühling und natürlich von der Frühjahrsmüdigkeit…